Der Titel „Spiegelbilder“ („Mirror Images“) weist auf zwei verschiedene Themenbereiche hin, die diesem Stück eine spezifische Charakteristik verleihen.
Einerseits gibt es Passagen, wo jeweils zwei Stimmen derart spiegelbildlich aufeinander bezogen sind, dass ihre Bewegungsrichtungen im Tonraum umgekehrt zueinander verlaufen: Bewegungen nach oben in der einen Stimme werden mit Abwärtsbewegungen in der anderen gleichzeitig verkoppelt. Solche Stimmpaare finden sich zwischen den beiden Streichinstrumenten und den beiden Händen des Klaviers.
Andrerseits gibt es Stellen, wo Musik von Robert Schumann (1810 – 1856) quasi durch einen Zeitspiegel in meine Komposition hinein scheint. Motive aus den drei letzten Sätzen der „Märchenbilder“, op. 113 für Klavier und Viola (ein wundervolles Stück!) bilden Referenzpunkte für kürzere Abschnitte, wo meine Musiksprache durch einzelne Elemente aus Schumanns Musik quasi moduliert wird. Dieser Prozess ist nicht immer in gleicher Weise gehörsmässig erkennbar: einmal ist die Oberfläche des Spiegels klarer, dann wieder ist sie stark durch die Patina der Zeit belegt …
Spiegel also in zweifacher Hinsicht, als Zurückwerfen von Bewegungen, die zeitgleich in die andere Richtung gehen und als Brennpunkt, durch den Geschichte wieder lebendig wird. Immer aber sind wir Menschen es, die in den Spiegel blicken. Was erkennen wir dabei? Inwiefern werden wir getäuscht? Was suchen wir? Was lernen wir aus Vergangenem?
Sicherlich ist es nicht die Musik, die hier direkte Antworten geben kann. Aber es ist die Musik, die dazu beitragen kann, dass unsere Fantasie beflügelt, unser Mut gestärkt, unsere Fragen intensiviert, unsere Trauer tiefer wird …