22. September 2012, Susanne Kübler im „Tages-Anzeiger“ über die CD „Summer Circle“
Martin Schlumpfs Aufbruch zu neuen Ufern
«Sommerkreis» hiess das Streichquartett des Aargauers Martin Schlumpf, als es 2007 in Boswil uraufgeführt wurde. Nun ist es als «Summer Circle» auf CD herausgekommen – die Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Label Navona markiert die neuste Etappe in einem bewegten Musikerleben. Jazz, Anton Webern und die Minimal Music waren und sind Schlumpfs Inspirationsquellen, seine instrumentalen Erfahrungen als Cellist, Klarinettist, Saxofonist und Pianist sind so vielfältig wie seine Aktivitäten als Komponist, Improvisator, Theorielehrer.
Entsprechend hält es Schlumpfs Musik selten lange in einem Stil aus – ohne dass sie sich deshalb im Brachland des Crossover verlieren würde. Gerade «Summer Circle», gespielt vom Krypton Quartet, ist ein Beispiel dafür, wie er sich einen klaren Rahmen vorzugeben und diesen dann gezielt wieder zu sprengen vermag: Ein einziges Motiv läuft hier in reinster Minimal-Tradition auf eine Verengung hin, der Bruch zeichnet sich bald als unvermeidlich ab; aber wie er geschieht, überrascht trotzdem.
Was Schlumpfs Musik zusammenhält, ist das Gefühl für komplexe und doch direkte Rhythmen. So entwickelt etwa das 1992/93 entstandene Klavierstück «December Rains» in der Interpretation von Karolina Rojahn seinen Groove in der Überlagerung verschiedener rhythmischer Ebenen; die 19- oder 22-AchtelTakte verhindern jedes gängige Schwerpunktgefühl, und doch klingt diese Musik nie orientierungslos. Hier sind jene polymetrischen Verfahren angelegt, die Schlumpf in den letzten Jahren auch mithilfe des Computers erweitert hat: einmal mehr unterwegs zu neuen Ufern.
Susanne Kübler